Risk Partners Life Sciences Roundtable 2024. Vielen Dank! Jetzt bereits für den 26.06.2025 anmelden >

OLG Schleswig: Verjährung des Haftungsanspruchs
beim Direktanspruch in der D&O-Versicherung.

Es gibt ein neues, spannendes Urteil aus der Welt der D&O-Versicherung. Jüngst hatten wir über die Entscheidung des OLG Köln im Kontext der Direktklage berichtet. Nun hat auch das OLG Schleswig eine wegweisende Entscheidung getroffen.

Worum ging es? Im Mittelpunkt stand die Frage der Verjährung. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Frage der Verjährung im D&O-Schadenfall nicht trivial ist. So gibt es zum einen den originären Schadenersatzanspruch (gesetzliche Organhaftung losgelöst von der D&O-Versicherung) sowie einen deckungsrechtlichen Anspruch, der aufgrund des Abschlusses der D&O-Versicherung zwischen den Parteien entsteht – Versicherer, versicherte Personen und versicherte Unternehmen. Nun kann sowohl der Schadenersatzanspruch verjähren als auch vertragsrechtliche Ansprüche aus der D&O-Versicherung. Wenn jetzt die Verjährungsfrist des deckungsrechtlichen Anspruchs durch Einreichen eines Direktanspruchs oder einer Direktklage beim Versicherer gehemmt wird, was bedeutet dies für den notwendigen Haftungsanspruch? Kann sich ein Versicherer in diesem Fall von der Haftung befreien, wenn der Anspruch bereits verjährt ist? Zu dieser Frage hat die Entscheidung des OLG Schleswig nun Klarheit geschaffen.

Zum Hintergrund: Ein Brand in einer Bäckerei verursachte einen erheblichen Schaden, von dem die Feuerversicherung, berechtigterweise aufgrund der Vertragsbedingungen, nur einen Teil übernahm. (Hinweis: Daher empfehlen wir, die Versicherungssummen sowie die inhaltliche Gestaltung des Versicherungsschutzes regelmäßig zu dokumentieren und zu überprüfen.) Der Betreiber der Bäckerei machte den Restschaden geltend, indem er den Geschäftsführer wegen Pflichtverletzung verantwortlich machte. Infolgedessen trat der Geschäftsführer seinen Freistellungsanspruch aus der D&O-Versicherung an die Gesellschaft ab (siehe dazu die beigefügte Grafik). Eine D&O-Versicherung deckt üblicherweise Führungskräfte eines Unternehmens ab. Im Schadensfall müssen Ansprüche zunächst gegenüber der versicherten Person geltend gemacht werden, bevor sie gegen den Versicherer durchgesetzt werden können. Dies resultiert oft in komplexen und zeitaufwändigen Haftungs- und Deckungsrechtsstreitigkeiten. In der Praxis wird der Streit immer häufiger in einem Direktprozess geführt, durch das Abtreten des Freistellungsanspruchs der versicherten Person an die Versicherungsnehmerin. Dadurch kann die Versicherungsnehmerin ihre Ansprüche direkt gegen den Versicherer geltend machen. Zur Entscheidung: Das OLG Schleswig hat in seinem Urteil vom 26.02.2024 (Az. 16 U 93/23) festgehalten, dass durch diese Abtretung des Freistellungsanspruchs eine „Waffenstillstandsvereinbarung“ (pactum de non petendo) implizit geschlossen wurde. Diese Vereinbarung verhindert einen Haftungsprozess gegen den Geschäftsführer, solange der Anspruch gegen den Versicherer besteht, und hemmt die Verjährung der gesetzlichen Haftungsansprüche. Die deckungsrechtliche Hemmung durch Einreichung einer Direktklage oder eines Direktanspruches beim Versicherer hemmt also ebenfalls die gesetzliche Verjährung.

Das Urteil des OLG Schleswig stärkt grundsätzlich die Position von Unternehmen, die direkt gegen ihre D&O-Versicherer vorgehen möchten. Es nimmt den Versicherern eine weitere Möglichkeit, Schadenfälle ohne erfolgte Freistellung abzulehnen. Dadurch wird es attraktiver, nicht gegen die verantwortlichen Geschäftsleiter zu klagen, sondern direkt gegen den Versicherer der D&O-Versicherung vorzugehen. Neben der Kontrollabgabe des betroffenen Geschäftsleiters, speziell bei einer Abtretung erfüllungshalber nach § 364 Absatz 2 BGB, sind weitere Aspekte zu beachten. Dazu gehören beispielsweise die Auswirkungen auf Aktiengesellschaften unter dem strengen AG-Regime sowie grundsätzlich die mit der „Direktklage“ verbundenen Nachteile, wie zum Beispiel versicherungsvertragliche Obliegenheiten im Schadenfall. Deshalb werden die Entwicklungen rund um die Direktklage seitens der Risk Partners weiterhin intensiv für unsere Mandanten verfolgt. Wir, die Risk Partners, bleiben für Sie am Ball.

Lesen Sie auch unsere anderen Blogposts

Life Sciences

Studie St. Gallen: 6 Mrd. USD pro Medikament

HSG St. Gallen: Medikament kostet im Schnitt 6,16 Mrd. USD. Sind die Zeiten für neue Medikamente für unter 1 Mrd. USD vorbei? Gesetzt waren Zahlen in der Branche, die von 700-1.000 Mio. USD als Kosten für die Entwicklung eines neuen Medikaments sprachen. In einer Studie der Hochschule St. Gallen über den Betrachtungszeitraum 2001-2020 wurde festgestellt, dass die Kosten für die Entwicklung neuer Medikamente drastisch gestiegen sind. Es wurde geschätzt, dass die Kosten für die Entwicklung eines neuen Medikaments inzwischen bei

Weiterlesen »
Being Public

Staatsanwaltschaft ermittelt: Täuschungsverdacht bei Kurzarbeit (Sono Motors)

Keinen Startup-Bonus bei Straf- und Ordnungswidrigkeiten. Der Vorfall und möglicher Versicherungsschutz. Wie vom Team um Hannah Schwär vom Capital Magazin exklusiv recherchiert wurde, drohen den Gründern von Sono Motors nun auch Probleme mit der Staatsanwaltschaft. Laut dem Capital Magazin steht Subventionsbetrug im Rahmen der Kurzarbeit und den Programmen rund um die Coronakrise im Raum. Eine Meldung des Unternehmens, das via De-SPAC an der NASDAQ gelistet ist, an die SEC erfolgte bereits. Während der Schadenbetrag in Höhe von 40.000 EUR noch

Weiterlesen »
Risk Partners

13. Hamburger Financial Lines Forum

Risk Partners auf dem Financial Lines Forum 13. Hamburger Financial Lines Forum. Am 12. und 13. Oktober fand das 13. Hamburger Financial Lines Forum mit Beteiligung der Risk Partners statt, eine traditionsreiche Veranstaltung, die auch in diesem Jahr wieder zum Austausch aktueller Trends diente. Das Programm begann mit einem Überblick über die aktuellen Entwicklungen und die Abwicklung von Schadensfällen in den Financial Lines, präsentiert von Gabriele Schreiber-Sahin, Michael Hendricks. Dr. Oliver Sieg beleuchtete im Anschluss die Organhaftung und die europäische

Weiterlesen »
Geschäftsleitung

Forschungspanne im Stockholmer Karolinska-Institut: Ein Kühlungsausfall vernichtet Zellkulturen jahrzehntelanger Forschung

Forschungspanne im Stockholmer Karolinska-Institut: Ein Kühlungsausfall vernichtet Zellkulturen jahrzehntelanger Forschung – kann man sich dagegen versichern? Ein existenzbedrohender Vorfall, den wir Ihnen jedoch gerne einmal aus Sicht eines auf Life Sciences spezialisierten Versicherungsmaklers beleuchten wollen. Was ist passiert? Am Stockholmer Karolinska-Institut, dem wichtigsten medizinischen Forschungszentrum Schwedens, hat fünf Tage lang ein Kühlungssystem versagt. Biologisches Material, das über 30 Jahre hinweg gesammelt wurde und laut Institutsmitteilung weltweit einzigartig war, wurde dadurch zerstört. Das Material lagerte in Tiefkühltanks, in denen die Temperatur

Weiterlesen »
Life Sciences

Cyber Risks: Case Study Evotec

Im vergangenen Jahr wurden mehr als 10 Prozent der deutschen Unternehmen von einem IT-Sicherheitsvorfall betroffen, wobei der Anteil durch Cyberangriffe gestiegen ist. Biotechnologie ist ebenfalls nicht ausgeschlossen. Es ist möglich, aus dem Fall Evotec zu lernen. Es geht um erfolgreiche Cyber-Angriffe oder andere Vorfälle, die für die Sicherheit von Bedeutung sind, wie Sabotageakte oder Hardware-Diebstahl. Laut einer repräsentativen Ipsos-Umfrage im Namen des Verbandes der TÜV unter 501 Unternehmen mit mehr als zehn Angestellten wurde dies festgestellt. Laut dem TÜV wurden

Weiterlesen »
Geschäftsleitung

OLG Schleswig – Verjährung des Haftungsanspruchs beim Direktanspruch in der D&O-Versicherung

OLG Schleswig: Verjährung des Haftungsanspruchs beim Direktanspruch in der D&O-Versicherung. Es gibt ein neues, spannendes Urteil aus der Welt der D&O-Versicherung. Jüngst hatten wir über die Entscheidung des OLG Köln im Kontext der Direktklage berichtet. Nun hat auch das OLG Schleswig eine wegweisende Entscheidung getroffen. Worum ging es? Im Mittelpunkt stand die Frage der Verjährung. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Frage der Verjährung im D&O-Schadenfall nicht trivial ist. So gibt es zum einen den originären Schadenersatzanspruch (gesetzliche Organhaftung

Weiterlesen »